LEVERKUSEN | Alt und/oder gebrechlich? Die Frage umgehen viele, wenn sie noch fit genug sind, ihr Leben selbst zu gestalten. 55 Prozent der Deutschen hat sich noch nicht mit der eigenen Pflegezukunft beschäftigt, sagt die Leverkusener Krankenkasse Pronova BKK. Viele nennen als Grund, sie fühlten sich noch zu jung (37 Prozent). Und auch bei den 55- bis 65-Jährigen hat gerade einmal die Hälfte über die eigene Pflegezukunft nachgedacht. Diese Daten stammen aus einer neuen Studie zur „Pflege von morgen“, die die Pronova BKK in Auftrag gegeben hat.
Daraus geht hervor, dass für 64 Prozent der Befragten ein Pflegefall finanziell nicht zu stemmen wäre. Für rund 50 Prozent aus organisatorischen Gründen nicht. Aber: Bei der Hälfte der Menschen in Deutschland würde sich im Pflegefall eines Angehörigen die Familie oder der Partner kümmern, gaben die Befragten an.
In den Fokus rückte die Studie auch die Frage, ob bei der Beschäftigung mit der eigenen späteren Pflegebedürftigkeit Gehalt, Region, Geschlecht oder Schulbildung eine Rolle spielen. Die Antwort überrascht: Offenbar spielen diese Faktoren keine große Rolle. Mehr als 60 Prozent der Studienteilnehmer wussten zum Zeitpunkt der Befragung nicht, wie viel sie aktuell für die Pflegeversicherung zahlen.
Die Anforderungen an eine Pflegekraft sind hoch. So stellte die Studie fest: „95 Prozent der Befragten finden vor allem den menschlichen Umgang in der Pflege wichtig, genauso viele setzen auf eine fachlich gute Ausbildung (93 Prozent).“ 88 Prozent halten gute Deutschkenntnisse für wichtig bis äußerst wichtig.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will die Pflegebeiträge um 0,5 Prozentpunkte anheben – für den Bund sind das 7,6 Mrd. Mehreinnahmen. Nur: Bereit, mehr zu zahlen, sind die wenigsten. Die Pronova BKK fragte nämlich auch die Bereitschaft dazu ab. Die Antwort fiel ziemlich eindeutig aus: Nur rund jeder Dritte würde mehr zahlen. Interessant: Grundsätzlich gibt es bei den Jüngeren eher eine Akzeptanz für höhere Beiträge (40 Prozent der unter 35-Jährigen).
53 Prozent der Befragten zwischen 55 und 65 Jahren lehnen es ab, mehr für die Pflege zu zahlen. Das eigene Einkommen spiele dabei keine Rolle: Über alle Verdienstklassen hinweg sind laut Studie knapp 50 Prozent gegen höhere Beiträge. Von den 34 Prozent der Studienteilnehmer, die grundsätzlich bereit wären, mehr zu zahlen, würde die Hälfte Mehrausgaben von 20 Euro pro Monat tolerieren. Die gerade diskutierte Anhebung des Pflegebeitrags um 0,5 auf 3,05 Prozent des Bruttolohns (Kinderlose: 3,3 Prozent) machten maximal 22 Euro aus.
Befürwortet haben mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmer den Vorschlag, ausgebildete Migranten stärker in die Pflegeberufe zu bringen. „Dabei zeigt sich ein deutlicher Unterschied beim Bildungsgrad der Befragten: Insbesondere bei hoher Schulbildung wird dieser Ansatz befürwortet (höherer Schulabschluss: 69 Prozent, mittlerer Schulabschluss: 48 Prozent, niedriger Schulabschluss: 49 Prozent)“, heißt es in der Studie.
Weniger gut kommt ein Pflegeroboter an, der im Haushalt helfen könnte. Von der Idee waren nur ein Drittel der Befragten angetan. Ebenso können sich nur rund 30 Prozent der Deutschen eine Betreuung mittels Computer (Telemedizin) vorstellen. „Digitalisierung wird aus Sicht der Befragten eher gleichgesetzt mit zusätzlicher Überwachung der Vitalfunktionen und soll als Hilfestellung für die Verbesserung von motorischen und kognitiven Fähigkeiten (beispielsweise durch Computerspiele) zum Einsatz kommen“, berichtet die Krankenkasse.
Die Pronova BKK zieht dieses Fazit: Die Mehrheit der Deutschen beschäftigt sich nicht mit der eigenen Pflegezukunft, würde aber ihre Angehörigen zu Hause pflegen. Gleichzeitig bestehen Ängste vor finanziellen und organisatorischen Herausforderungen. Zudem wären nur wenige bereit, höhere Beiträgen zu zahlen – selbst wenn so dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden kann.
Für die Krankenkasse eine besonders wichtige Erkenntnis: Es gibt beim Thema Pflege noch ordentlich Aufklärungsbedarf.
Die Untersuchung Die Pronova BKK hat eine bundesweite Online-Befragung von 1000 Menschen zwischen 18 und 65 – bevölkerungsrepräsentativ nach Geschlecht und Alter – befragt.