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LWL hält den Druck aufrecht

LWL hält den Druck aufrecht

Veröffentlicht am Mittwoch, 26. April 2017 von Gerhard Bartz

Ansicht eines Hammers

Ansicht eines Hammers                                                                                                                                                                                                                                           ©-Bild – Katja Greye

Münster (kobinet) Wie bereits berichtet wurde, hat der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) Ende letzten Jahres versucht, eine junge Frau aus Kostengründen in eine Anstalt abzuschieben. Der Vorgang fand in der Öffentlichkeit breites Interesse und wurde sogar im Deutschen Bundestag thematisiert. Die Drohung mit der Heimeinweisung wurde zwar zwischenzeitlich aufgehoben, man betrachtet dies für die Frau nicht mehr als zumutbar. Nunmehr versucht man, die Frau zu zwingen, in eine Wohnung umzuziehen, in der auch andere behinderte Menschen mit Assistenzbedarf leben. Hierzu arbeitet man beim LWL mit befristeten Leistungen: Die Befristungen endeten bzw. enden zum 31.12.2016, 31.03.2017 und nun 30.06.2017.

Die von der Bundesregierung mit dem Bundesteilhabegesetz verliehene Machtstellung wird gnadenlos missbraucht

Ein Kommentar von kobinet-Redakteur Gerhard Bartz

Diese Kette von Befristungen und Verlängerungen wäre in jedem anderen Bereich indiskutabel. Um Menschen mit Behinderungen ohne Unterbrechung unter Druck zu halten, ist dem LWL keine Methode zu schade. Die Erwartung von Menschen mit Behinderungen, durch das Bundesteilhabegesetz auf Augenhöhe verhandeln zu können, wurde von der Bundesregierung, der großen Koalition, dem Bundesrat und zuletzt zum Jahresende vom Bundespräsidenten brutal zertrümmert. Das Bundesteilhabegesetz bringt den Kostenträgern neue Freiheiten, für behinderte Menschen dagegen oftmals Sorgen und Existenzängste. Nachdem die Heimeinweisung gescheitert war, sucht hier der Kostenträger weitere Möglichkeiten, seinen Willen durchzusetzen. Ein anderer Grund für diese Befristungen ist nicht erkennbar. Es gilt wohl, den westfälischen Menschen mit Behinderung klarzumachen, dass es sich nicht lohnt, sich mit dem LWL anzulegen. Wissend, dass die individuelle Freiheit dieser Menschen mit dem Zwangspoolen beschnitten wird, sucht man dennoch die Voraussetzungen hierfür zu schaffen. Es gab zwar Beteuerungen seitens der Großen Koalition, dass gegen den Willen der betroffenen Menschen, sofern sie beim Eintritt des Hilfebedarfes noch nicht die Regelaltersgrenze erreicht haben, nichts Derartiges geschieht. Dieser Teil des Bundesteilhabe(verhinderungs)gesetzes tritt erst 2020 in Kraft. Zunächst muss dann die Zumutbarkeit des Freiheitsverlustes geprüft werden. Davon zeigen sich manche Kostenträger jedoch unbeeindruckt und versuchen heute schon vollendete Tatsachen zu schaffen oder wenigstens den Boden hierfür vorzubereiten. Sind die betroffenen Menschen oft alleine auf sich gestellt, findet man auf Seiten der Kostenträger ganze Teams, die sich auf den einzelnen Menschen konzentrieren. Dadurch und auch, weil das Bundesteilhabegesetz die bisherige mangelnde Transparenz der Gesetzeslage noch wesentlich verschlimmert, fühlen sich Bürgerinnen und Bürger mit Behinderungen immer mehr den gewaltbereiten Kostenträgern ausgeliefert.

Registriert bei den Bundes- und Landespolitikern noch immer niemand, dass das Verhalten der Kostenträger durch unsere Verfassung und durch die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen nicht gedeckt ist? Dass dieses Bundesteilhabegesetz auf dieser Grundlage nie hätte zustande kommen dürfen? Vereine und Verbände haben im Vorfeld intensiv auf die Gefahr aufmerksam gemacht. Leider vergeblich. Der Einfluss der Lobbyisten der Sozialkonzerne und Kommunen hat die Politik gegen die Warnungen der Betroffenenverbände immunisiert. Das wirkt bis heute nach.

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