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ERWERBSMINDERUNGSRENTEN – Sozialverband VdK fordert Rentenplus jetzt und in einem Schritt

ERWERBSMINDERUNGSRENTEN – Sozialverband VdK fordert Rentenplus jetzt und in einem Schritt

 

Rentner in Berlin: Nicht alle können ihren Lebensabend genießen. Vor allem Erwerbsgeminderte müssen häufig mit sehr wenig Geld auskommen. Foto: dpa

Rentner in Berlin: Nicht alle können ihren Lebensabend genießen. Vor allem Erwerbsgeminderte müssen häufig mit sehr wenig Geld auskommen. Foto: dpa 

Osnabrück. Damit Krankheit nicht für immer mehr Menschen zur Armutsfalle wird, fordert der Sozialverband VdK eine weitere Verbesserung der Erwerbsminderungsrenten, über die bisherigen Pläne hinaus. Der Bundestag debattiere am Freitag (28.4.) nur über „Minischritte“, kritisierte VdK-Präsidentin Ulrike Mascher im Interview mit unserer Redaktion.

Frau Mascher, jedes Jahr müssen mehr als 170000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit in Anspruch nehmen. Wie gut oder schlecht geht es diesen Rentnerinnen/Rentnern?

Es geht ihnen nicht besonders gut. Aus unseren VdK-Beratungen wissen wir, dass die Betroffenen oft einen langen Leidensweg und eine wahre Ärzte- und Behörden-Odyssee hinter sich bringen müssen. Beim Erstbezug sind Erwerbsminderungsrentner im Durchschnitt erst 51 Jahre alt. Diese Menschen würden lieber arbeiten, als krank zu sein und mit einer Rente unter der Armutsgrenze bestraft zu werden. Krankheit wird für immer mehr Menschen zur Armutsfalle.

Um wie viele Menschen geht es insgesamt?

Rund 15 Prozent der Erwerbsminderungsrentner sind bereits auf aufstockende Leistungen der Grundsicherung angewiesen. Vor allem die jetzigen Erwerbsminderungsrentner leiden unter sehr niedrigen Renten und sind von Armut bedroht. Wenn die Politik den Erwerbsminderungsrentnern helfen will, dann müssen Verbesserungen für alle, Neu- und Bestandsrentner, gelten.

Durch das neue Gesetz werden die Zurechnungszeiten verbessert. Das heißt: Erwerbsgeminderte werden langfristig so gestellt, als ob sie drei Jahre länger als bisher gearbeitet hätten. Was bedeutet das in Euro und Cent?

Die Regierungskoalition will die Zurechnungszeit bis 2024 in sieben Minischritten anheben. Das bedeutet erst im Jahr 2024 für Neurentner ein Plus von etwa 50 Euro im Monat. Die Betroffenen benötigen das Rentenplus aber jetzt und in einem Schritt. Ändern wird sich auch nichts an der Tatsache, dass die durchschnittliche Rente immer noch unter der Grundsicherungsschwelle liegen wird.

Erwerbsgeminderte müssen deutliche Abschläge in Kauf nehmen. Zur Begründung heißt es, so werde eine Gleichbehandlung mit den Altersrentnern sichergestellt. Warum kritisieren Sie die Abschläge als systemwidrig? Und was muss sich hier ändern?

Eine Gleichbehandlung ist hier fehl am Platz. Die für die Altersrente angewandten Abschläge passen nicht zu Erwerbsminderungsrenten. Die vorzeitige Inanspruchnahme einer Altersrente beruht auf freier Entscheidung. Bei einer Erwerbsminderungsrente hat der Betroffene aber keine Wahl. Das ist keine freiwillige Entscheidung, wegen einer Krankheit oder eines Unfalls aus dem Berufsleben auszuscheiden. Die Abschläge von bis zu 10,8 Prozent bei Erwerbsminderungsrenten sind deshalb systemwidrig und müssen ersatzlos gestrichen werden.

Der VdK will sich unter dem Motto „Soziale Spaltung stoppen“ in den Bundestagswahlkampf einmischen. Was sind Ihre drei wichtigsten Kritikpunkte. Und wie lautet Ihr Appell an die Parteien?

Trotz der großen Wirtschaftskraft wächst die soziale Kluft in Deutschland. Einkommen und vor allem Vermögen sind sehr ungleich verteilt, immer mehr Menschen sind auf soziale Sicherungsleistungen angewiesen, die aber kaum das Existenzminimum abdecken. Der Sozialverband VdK fordert die Stabilisierung des Rentenniveaus, damit die Renten zum Leben reichen. Zusatzbeiträge und Zuzahlungen im Gesundheitswesen belasten immer mehr Menschen mit niedrigem Einkommen – deshalb müssen Arbeitgeber an der Finanzierung der Kostensteigerungen in der gesetzlichen Krankenversicherung wieder paritätisch beteiligt werden. Und schließlich brauchen wir ein Investitionsprogramm für umfassende Barrierefreiheit. Finanzierbar ist dies durch eine sozial gerechte Steuerpolitik, die hohe Einkommen und Vermögen stärker besteuert.

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