Inklusionsbetrieb

2024-04-08_RP_Jetzt schließt auch Inklusionsgesellschaft Genesis

Nach Schließung der Kplus-Krankenhäuser in Solingen und Haan muss jetzt auch der ­Zuliefer- und Inklusionsbetrieb Genesis endgültig dicht machen.

VON ALEXANDRA RÜTTGEN

SOLINGEN |Der ehemals zur Kplus Gruppe gehörende Inklusionsbetrieb Genesis ist dauerhaft geschlossen. Am 31. März wurden der Betrieb der Großküche an der Alsenstraße und auch der Gartenbaubetrieb eingestellt. Das berichtet Cerstin Tschirner, Sprecherin der ehemaligen Kplus-Gruppe, auf Nachfrage unserer Redaktion. Eine Rettung in letzter Minute in Form eines Investors hat es für den insolventen Betrieb damit nicht gegeben.

Von der Schließung betroffen sind rund 130 Mitarbeiter. Der Betrieb war eines der größten Inklusionsunternehmen in Nordrhein-Westfalen und wurde im Strudel der Kplus-Insolvenz mitgerissen, als Krankenhäuser der Unternehmensgruppe geschlossen beziehungsweise an andere Investoren verkauft wurden. Damit brachen wichtige Aufträge für Großküche und Gärtnerei weg. Bis zuletzt waren öffentliche Stellen und Politik darum bemüht, den Betrieb zu erhalten – zu ihrem größten Bedauern ohne Erfolg.

Stehen die Mitarbeiter nun auf der Straße?

Nein. Um die Genesis-Beschäftigten auf den Wechsel in eine neue Anstellung vorzubereiten, wurde mit der QAZ GmbH eine Transfergesellschaft eingeschaltet. Das Kürzel QAZ steht für Qualifizierung, Arbeit und Zukunft. Ihre Aufgabe ist es, die Beschäftigten, die sich womöglich schon lange Zeit nicht mehr für einen Arbeitsplatz bewerben mussten, für mindestens drei und längstens sechs Monate beim Aufbau neuer Perspektiven zu unterstützen. Dazu gehören Qualifizierungsmaßnahmen genauso wie die Hilfe bei der Suche nach einer Anstellung sowie dem Verfassen von Bewerbungen.

Wie viele Mitarbeiter sind in die Transfergesellschaft gewechselt? Nach Angaben von Cerstin Tschirner haben einige Beschäftigte zwischenzeitlich einen neuen Arbeitgeber gefunden. 25 waren nicht transferberechtigt, weil sie beispielsweise Mini-Jobber oder Rentner waren. Von den 98 Transferberechtigten haben 93 das Angebot angenommen. Für sie sind nun vier Berater aktiv – eine ungewöhnlich hohe Zahl, die dem Inklusionsbedarf der 41 Schwerbehinderten geschuldet ist, die sich unter den Transferberechtigten befinden, berichtet Oliver Domke, Leiter Projektmanagement bei der QAZ GmbH.

Wie werden die behinderten Menschen betreut? Die Inklusionsbeauftragte der Firma Genesis ist mit in die Transfergesellschaft gewechselt. Sie kennt ihre Kollegen und deren Bedürfnisse, „beispielsweise, ob sie eine Aufrechterhaltung der Tagesstruktur oder auch Gebärdendolmetscher brauchen“, berichtet Domke. Das sei eine wertvolle Hilfe, weil es so gelingt, die besonderen Bedürfnisse der Betroffenen zu berücksichtigen.

Wer finanziert die Transfergesellschaft? Die Finanzierung der Transfergesellschaft erfolgt über die Genesis sowie die Agentur für Arbeit, die das Transferkurzarbeitergeld zahlt. Genesis stockt dieses auf 80 Prozent des Nettolohnes auf. Zugleich beteiligt sich auch der Landschaftsverband Rheinland (LVR) über sein Integrationsamt an der Betreuung, indem es Fördermöglichkeiten und finanzielle Unterstützung für die Betroffenen, aber auch potenzielle Arbeitgeber anbietet. Der LVR hat auch zuvor schon die Firma Genesis unterstützt.

Wie sind die Chancen für die Mitarbeiter, eine neue Perspektive zu finden? Oliver Domke ordnet sie als gar nicht schlecht ein. Die Mehrzahl der ehemaligen Genesis-Mitarbeiter sei zwischen 30 und 50 Jahre alt. „Wir haben hier also einen normalen Altersdurchschnitt, wie er auch in vielen anderen Unternehmen zu finden ist“. Und auch die Geschäftsfelder der Firma Genesis – Großküche sowie Garten- und Landschaftsbau – sind attraktiv, da es in diesen Bereichen einen Arbeits- und Fachkräftemangel gibt. Daher gebe es bereits „ein großes Interesse an den Mitarbeitern von Genesis“, berichtet Domke.

Was passiert mit Beschäftigten, die während der sechs Monate keinen neuen Arbeitgeber finden? Sie müssen „im schlechtesten Fall in die Arbeitslosigkeit wechseln“, erläutert Domke. Wie Cerstin Tschirner ergänzt, entsprechen Anspruchsdauer und -höhe dabei dem Stand vor Eintritt in die Transfergesellschaft, so dass durch die Teilnahme an der Transfergesellschaft keine Ansprüche verloren gehen. Unter bestimmten Voraussetzungen bestehe zudem die Möglichkeit, dass die Mitarbeiter mit Handicap in Behindertenwerkstätten wechseln. Ziel sei es aber, alle weiter auf dem ersten Arbeitsmarkt zu beschäftigen. „Vielleicht überlegen es sich ja auch Betriebe, die keine ausgewiesenen Inklusionsunternehmen sind, und besetzen freie Stellen mit Mitarbeitenden mit Behinderung“, appelliert Cerstin Tschirner.

Interessierte Arbeitgeber können sich per E-Mail melden unter info@qaz-transfer.de.

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