2024-08-29_KSTA_Die Träume der Bürger gesammelt
Leverkusen – An einem Tisch vor einem Ladenlokal an der Breidenbachstraße sitzen etwa ein Dutzend Menschen und falten die Zeitung „BouLEVard“. Im Inneren des Lokals an der Hausnummer 5-7 liegen auf einer Palette Dutzende Exemplare. Es sind die letzten Arbeiten eines Projekts in Wiesdorf, das im Mai seinen Ursprung hatte. Unter dem Titel „Leverkusen, wovon träumst du?“ hatte die „Montag Stiftung Kunst und Gesellschaft“ Bürgerinnen und Bürger dazu bewegt, ihre Wünsche für die Stadt und für sich selbst zunächst preiszugeben und dann künstlerisch in einer Zeitung umzusetzen.
„Wir machen eine Zeitung für Leverkusen“ hatte die vergangenen Monate auf der Fensterscheibe des Lokals gestanden. Herausgekommen ist ein Werk mit Fotos, Comics, Zeichnungen und Texten. Mit einem Einleger namens „Pedalpoesie“ über eine fotografische Radtour. Mit Beiträgen von Kindern, Erwachsenen und Senioren.
Partizipativ und ergebnisoffen
Projektleiterinnen waren Theresa Herzog und Sonja Tucinskij von der „Montag Stiftung Kunst und Gesellschaft“. In Pirmasens (Rheinland-Pfalz) haben sie das Zeitungs-Projekt schon einmal aufgesetzt. Partizipativ und ergebnisoffen sind die beiden großen Schlagworte, unter denen das Projekt laufen sollte. Das Ladenlokal haben sie wie eine Art Atelier gestaltet, sodass jeder, der wollte, einsteigen konnte. „Einige Wünsche waren auf die Stadt bezogen, andere wieder sehr individuell“, sagt Tucinskij. Ein Thema, das sich in vielen Gesprächen und letztlich auch Beiträgen wiederfindet, ist Barrierefreiheit. Nicht nur für Menschen mit Behinderung, sondern auch für Personen mit Kinderwagen oder ältere Menschen.
„Wir sind aber keine Stadtplaner“, betont Herzog. Trotzdem soll Oberbürgermeister Uwe Richrath ebenfalls ein Exemplar in die Hand bekommen. Die anderen der 1000 Zeitungen sollen in nächster Zeit in der Stadt verteilt werden, durch engagierte Menschen oder auf Veranstaltungen. Es habe viele Leute gegeben, die immer wieder zu ihrem Ladenlokal gekommen seien, um mitzumachen. Andere hätten sich mal kurz dazu gesetzt, mit den anderen gequatscht. Auch so seien Ideen für die Zeitung entstanden.
Aus diesen Gesprächen und dem Prozess, der nicht unbedingt vorhersehbar war, hätten sich auch Aktionen entwickelt. Einmal sei ein Comiczeichner da gewesen und habe die Geschichte, die die Menschen erzählt hätten, künstlerisch umgesetzt. Es gab eine fotografische Fahrradtour.
Bevor man hierhergekommen sei, habe man eine „künstlerische Vorabrecherche“ vorgenommen, berichten die Projektleiterinnen. Leverkusen sei mit seiner Größe und seiner Industriegeschichte interessant gewesen. Auch dass die Stadt in ihrer jetzigen Form noch nicht so alt sei, fanden die beiden reizvoll. Die Industrie habe in den Einzelgesprächen dann aber keine große Rolle gespielt, sagen sie.
Persönliche Gespräche
Eher „der Zusammenhalt. Das Gefühl, von einer Gemeinschaft gehört und gesehen zu werden“, sei etwas, das sich viele Menschen wünschen, so Tucinskij. Vermutlich gilt das nicht nur für Leverkusen. Umso persönlicher waren die Gespräche. Selten sei es dabei oberflächlich zugegangen. Die Menschen hätten auch keine Scheu gezeigt, offen zu sein.
Natürlich hätten sich viele bei der Frage, was sie sich wünschen, erst einmal beschwert, sagt Herzog. „Aber wir haben versucht, in einen produktiven Austausch zu kommen.“ Sie wollten Menschen und Ideen zusammenbringen, die einen Mehrwert für die Stadt haben.