GKV-Spitzenverband - Spitzenverband der Kranken- und Pflegekassen

GKV-Spitzenverband verhindert Inklusion

GKV-Spitzenverband verhindert Inklusion

Sigrid Arnade mit Mikrofon auf einem Podium (c) IMEW, Foto: Philipp Meinert

Berlin, 09. Juli 2019. Alle reden von Inklusion. Alle? Nein, der GKV-Spitzenverband, das ist der Spitzenverband der Kranken- und Pflegekassen, hat eine gegenteilige Richtlinie zur Auslegung des Pflegeversicherungsgesetzes entworfen. „Sollte diese Richtlinie Gültigkeit erlangen, dann werden Kostenträger Menschen mit hohem Assistenzbedarf bald wieder vorschreiben, in Heimen statt in Wohngemeinschaften oder anderen ambulanten Wohnformen zu leben“, kritisiert Dr. Sigrid Arnade, Geschäftsführerin der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. – ISL. Anscheinend sollte der Entwurf ohne großes Aufhebens klammheimlich durchgewunken werden, vermutet Arnade, „denn der Deutsche Behindertenrat wurde in dieser entscheidenden Frage nicht beteiligt“.

Zum Hintergrund erläutert die ISL-Geschäftsführerin, dass die Leistungen der Pflegeversicherung in Einrichtungen der Behindertenhilfe unabhängig vom tatsächlichen Pflegegrad auf 266 Euro monatlich gedeckelt sind. Dass dies ungerecht und nicht gerechtfertigt ist, habe bisher niemand bestritten, so Arnade. „Aber gerade dadurch wurden bislang ambulante Wohnformen für die Sozialleistungsträger attraktiv, weil sich die Pflegekassen dort stärker an den Kosten beteiligen müssen als in Heimen,“ erläutert Arnade. Damit soll jetzt Schluss sein, wenn die Richtlinie in Kraft tritt. Künftig sollen die Pflegekassen nach dem Richtlinienentwurf auch bei Wohngemeinschaften und vergleichbaren Wohnformen nur maximal 266 Euro monatlich für die Pflegekosten zahlen. „Wenn der bisherige Kostenvorteil der ambulanten Wohnformen zunichtegemacht wird, werden alle Sonntagsreden zur Inklusion endgültig als Lippenbekenntnisse entlarvt“, so Arnade, die allerdings nicht versteht, dass auch die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und die kommunalen Spitzenverbände den Richtlinienentwurf mittragen. „Diese haben doch erhöhte Kosten, aber vielleicht nehmen sie das billigend in Kauf, um zu verhindern, dass behinderte Menschen ihre Menschenrechte verwirklichen können?“ fragt sich die Geschäftsführerin ungläubig.

Wäre Letzteres der Fall, dann empfiehlt Arnade, mit allen Beteiligten entsprechend dem gallischen Vorbild nach der Methode Troubadix zu verfahren.

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