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Ablehnung der Volkshochschule Leverkusen: Pia Kollbach wollte dort den Spanisch-Unterricht besuchen. Es wurde ihr verweigert. Die anderen Kursteilnehmer würden sich gestört fühlen, lautete die Begründung. Ebenso würde Pia Kollbach den Lernerfolg behindern, weil sie länger fürs Tippen braucht. Inklusion gebe es nur auf dem Papier, so laute Pia Kollbachs Schlussfolgerung. Sie fühle sich wie „ein ewiger Bittsteller“.
Quelle: https://www.landrat-lucas.org/files/content/schule/schueler/ehemalige/Pia%20_Advent_Spezial.pdf
Leverkusen: Pia Kollbach – eine ganz besondere Schülerin
Von Tobias Falke
Leverkusen. Für Pia Kollbach war das Schuljahr 2015/2016 ein ganz besonders Jahr. Sie absolvierte ihr Abitur nicht nur mit einem Schnitt von 1,0, sondern schaffte dies mit einem großen Handicap. Denn Pia ist Autistin. Sie kann weder sprechen noch schreiben. Vor sechs Jahren haben ihre Eltern um Aufnahme an die Gesamtschule Schlebusch gebeten. Inklusion wird an der GLS großgeschrieben.
Seit dem Schuljahr 2012/13 gibt es dort integrative Lerngruppen, in denen Schüler mit unterschiedlich großem Förderbedarf gemeinsam unterrichtet werden. Die aktuellen Zahlen belegen sogar den notwendigen Schritt, Inklusion als wichtigen schulischen Prozess mit zu integrieren. Im vergangenen Jahr waren an der GLS 61 Kinder mit besonderem Förderbedarf – in diesem Jahr stieg die Zahl auf bereits 83 und somit würde es laut dem didaktischen Leiter Andreas Brenken auch nicht mehr lange dauern, bis man in der Schule über 100 von insgesamt 1500 Schülern hätte, die einen Förderbedarf haben.
Das Ziel soll sein, dass alle Kinder an einer Schule den gleichen Unterricht besuchen und eine Klassengemeinschaft bilden. „Wir wollen kein Kind zurücklassen“, erklärte Brenken, der anmerkte, dass jeder ja irgendwie nicht normal sei. Für die stellvertretende Schulleiterin Dorothee Glieden-Böffgen war die Zusammenarbeit mit Pia etwas Außergewöhnliches: „Ich durfte sie zwei Jahre selbst unterrichten. Es ist erstaunlich, mit welcher Intelligenz und Herzlichkeit sich Pia ausdrückt. Jede Kollegin war tief beeindruckt und Pia zeigt, dass mehr geht, als man manchmal glaubt.“
Über eine Buchstabentafel unterhielt sich Pia während der Abifeier mit dem Staatssekretär Ludwig Hecke. Er kam in Vertretung für Ministerin Löhrmann vorbei, um sich vom schulischen Konzept der GLS überzeugen zu lassen. Ihre Mutter las die einzelnen Sätze vor, die Pia wie auf einer Tastatur eingab.
Sie wollte zum Beispiel wissen, was denn die Kinder des Staatssekretärs studiert haben. „Meine älteste Tochter ist Ärztin geworden“, sagte er und sie klatschte ihn dafür ab. „Dickes Ding“, meinte sie. Ihr größter Dank ging an diesem Abend an die Schule: „Ich schätze sehr das enorme Engagement der Lehrer an dieser Schule. Sie haben einer einst als schwerst geistig behindert eingeschulten Schülerin, an dieser Schule ermöglicht, Abitur zu machen – keine einfache Aufgabe.“ Menschen seien unterschiedlich, aber alle gehörten dazu. „Richard von Weizsäcker sagte einmal: ‚Es ist normal, verschieden zu sein‘. Wie wahr!“ Zwei Gedicht-Bände hat Pia mittlerweile geschrieben und bereits angefangen, Kulturwissenschaften zu studieren. „Ich brauche Struktur“, antwortete sie auf die Frage, ob sie denn nicht einmal eine Pause bräuchte.
Der Staatssekretär war tief beeindruckt. Seine Frau hätte selbst einmal ein Kind bis zum Abitur und darüber hinaus begleitet. Aber dass Pia das Abitur mit 1,0 abgeschlossen hätte, das sei schon etwas ganz Besonderes.