Werkstätten für behinderte Menschen

Skandal bei Duisburger Behinderten-Werkstatt: Wie die Ex-Geschäftsführerin das Geld verprasste

Vergrößerte Ansicht des angeklickten BildesDie Duisburger Werkstatt für Menschen mit Behinderungen. Foto: Christoph Reichwein (crei)

 Im Skandal um die frühere Geschäftsführerin der Duisburger Werkstätten für Menschen mit Behinderungen hat das Rechnungsprüfungsamt abenteuerliche Zahlen vorgelegt. Es geht um Luxusmöbel, teure Hotels und viel Champagner.

Von Mike Michel

Die Palette reicht von Möbelkäufen, Beraterleistungen, Dienstreisen, Geschenken bis hin zu Geschäftsessen und Bewirtungen: Was die städtischen Rechnungsprüfer auflisten, mutet abenteuerlich an. Denn die deutlich zu hohen Geschäftsführerbezüge, die Roselyne Rogg bezogen haben soll – zuletzt sollen es rund 376.000 Euro im Jahr gewesen sein – sind längst nicht alles. Höchstens die Hälfte wäre angemessen, hatten Wirtschaftsprüfer schon 2018 attestiert. Rund 760.000 Euro Schadensersatz fordert die Stadt von Roselyn Rogg und dem früheren WfbM-Aufsichtsratsvorsitzenden  Reinhold Spaniel.

Ein neuer Sonderbericht zeigt nun das fragwürdige Verhalten der Geschäftsführerin:

Rundbrief: In einem Schreiben an WfbM-Mitarbeiter forderte sie wörtlich dazu auf: „Suchen Sie nach allem, worin mein Name „Rogg“ vorkommt und gleichzeitig eine Zahl beinhaltet, die in irgendeiner Form mit meiner Vergütung zu tun hat.“ Diese Unterlagen, egal ob digital oder in Papierform, sollten anschließend gelöscht werden oder dem Aktenvernichter übergeben werden. Außerdem sei es „ab sofort nicht mehr gestattet, diesbezügliche Dateien zu speichern, anzufordern, zu besitzen oder abzulegen.“

Roselyne Rogg, die frühere Geschäftsführerin der

Roselyne Rogg, die frühere Geschäftsführerin der Duisburger Werkstätten für Menschen mit Behinderungen (Archivfoto). Foto: Christoph Reichwein (crei)/Reichwein, Christoph (crei)

Auszeichnung „Top 100“: 2017 wurde die WfbM unter dem Markennamen „Top 100“ als eine der „innovativsten Unternehmen des deutschen Mittelstandes“ ausgezeichnet. Die Prüfer fanden heraus, dass diese Auszeichnung gekauft war. Die Preisverleihung fand im „Kleinen Prinzen“ mit Catering (30.840,83 Euro) und Moderation durch eine Fernsehmoderatorin für 4760 Euro statt. Zuvor war Roselyne Rogg zu einer vorbereitenden Veranstaltung in Meran und hatte für drei Übernachtungen 990 Euro Hotelkosten gezahlt. Insgesamt schlug die „Top 100“-Auszeichnung mit 134.672 Euro zu Buche.

Einrichtung Verwaltungsgebäude Kalkweg: Hierfür wurde ein Pauschalpreisvertrag mit einem Duisburger Möbelhaus über 72.000 Euro abgeschlossen. Zu den Möbeln des Designherstellers USM zählten auch ein 2,50 Meter breites Sideboard mit Minibar für 5641 Euro, ein drei Meter breites Highboard für 6953 Euro, eine Stehleuchte mit Marmorsockel für 1607 Euro und ein 1,30 Meter breites Le Corbusier-Sofa für 5984 Euro.

Beraterleistungen: Seit 2010 stellten die Prüfer die Vergabe umfangreicher Beraterleistungen fest. „Die häufig beauftragten Firmen aus dem süddeutschen Raum verursachten zusätzliche Fahrt- und Übernachtungskosten“, heißt es in dem Bericht. 2010 betrugen die Beraterkosten 55.900,96 Euro, seit 2012 waren es bereits sechsstellige Beträge, 2018 sogar insgesamt 332.903,74 Euro. Dies ist auf die „Personalie Rogg“ zurückzuführen, so die Prüfer.

Dienstreisen: Auch hier geht es um sechsstellige Beträge. Am teuersten schlugen diese Kosten 2013 mit 300.119,99 Euro zu Buche. Eine dreitägige „Strategietagung“ für elf Mitarbeiter 2015 verursachte Kosten in Höhe von 6926,09 Euro für Unterbringung und Frühstück zuzüglich weiterer Verpflegung in Höhe von 4978,88 Euro. Durstig waren die Teilnehmer wohl auch, wie die Abrechnung von acht Flaschen Champagner zu je 119,99 Euro belegt.

Veranstaltung „2. Duisburger Kreis“: Zu dieser Veranstaltung im September 2017 wurde ein „prominenter Gastredner“ engagiert, der 30 Minuten gesprochen haben soll und dafür 17.850 Euro kassierte. Dazu kamen Kosten für die Reisekosten des Redners, eine Übernachtung für 654,67 Euro sowie Geld für eine Visagistin. Fazit: „In der Summe kostete die 30-minütige Rede 21.020,14 Euro. Die Bewirtung von 140 Gästen schlug mit 11.766,51 Euro zu Buche, die Moderation noch einmal mit 8211 Euro. Gesamtkosten: 42.009,15 Euro.

Modelabel „Esthétique“: Die Idee soll von Mitarbeitern der Werkstatt selbst stammen, der Betrieb und die Weiterentwicklung kosteten insgesamt aber mehr als 60.000 Euro.

Geschenke: Immer wieder stießen die Prüfer auf Geschenke im Umfeld, die durch die WfbM gezahlt wurden. Rechnungen von „Ars Vivendi“ trugen Vermerke wie „Geschenke Büro Spaniel“, „Geschenke Aufsichtsrat + Elternbeirat“, „Geschenke Podiumsdiskussion 16.11.16“, „Für Weihnachtsessen – Herr Spaniel + MA“ oder „Geschenke für Verwaltung + Stäbe, Betriebsleitung“. Die Gesamthöhe war durch das RPA nicht mehr zu beziffern. Im Dezember 2013 wurden für die festangestellten Mitarbeiter insgesamt 109 Gänse und Puten im Gesamtwert von 5385,63 Euro von einem Geflügelhof geliefert.

Geschäftsessen: Hier fiel den Prüfern auf, dass häufig mehrere Flaschen Wein, Prosecco oder Champagner auf den Rechnungen auftauchen.

Fazit: „Die Prüfung des Ausgabeverhaltens der Geschäftsführung lässt Zweifel aufkommen, ob die satzungsgemäßen Zwecke der WfbM systematisch verfolgt wurden“, heißt es in dem Bericht. Das gekaufte Mobiliar, Geschenke, kostenpflichtige Auszeichnungen sowie großzügige Bewirtungen und Geschäftsessen ließen sich mit diesen Zielen nicht ohne weiteres in Einklang bringen.

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