BTHG-BundesTeilHabeGesetz

Leistungsberechtigter Personenkreis noch ungewiss

Leistungsberechtigter Personenkreis noch ungewiss

Veröffentlicht am  von Jens Wegener

Budget, Geldscheine
Budget, Geldscheine        Bild: Irina Tischer

Berlin (kobinet) Das im Dezember 2016 verabschiedete Bundesteilhabegesetz (BTHG) führt im SGB IX Teil 1 unter anderem eine neue Definition von Behinderung ein, die den herkömmlichen – defizitorientierten – Begriff der Behinderung durch ein an der UN-BRK und an der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) orientiertes Verständnis ersetzen soll. Nach diesem Verständnis entsteht Behinderung in Wechselwirkung zwischen einem gesundheitlichen Problem einer Person und einstellungs- und umweltbedingten Barrieren.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat die Arbeitsgemeinschaft ISG Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik GmbH sowie transfer – Unternehmen für soziale Innovation mit den Unterauftragnehmern Universität Kassel mit dem Forschungsvorhaben „Rechtliche Wirkungen von Zwischenbericht zu den rechtlichen Wirkungen im Fall der Umsetzung von Artikel 25a § 99 des Bundesteilhabegesetzes (ab 2023) auf den leistungsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe” beauftragt.

Für die Zielgruppe der Eingliederungshilfe bedeutet dies, dass es sich um Menschen mit Behinderungen nach der Definition von § 2 Abs. 1 Satz 1 bis 2 SGB IX handelt, deren Beeinträchtigung die Folge einer Schädigung von Körperfunktionen und -strukturen ist und die in erheblichem Maße in ihrer Fähigkeit zur Teilhabe an der Gesellschaft eingeschränkt sind. Im Rahmen der Reform der Eingliederungshilfe erfolgt eine Neudefinition des leistungsberechtigten Personenkreises. Es besteht Konsens, dass dabei der bisherige leistungsberechtigte Personenkreis nicht verändert werden soll. Wer bisher Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten kann, soll auch mit den Neuregelungen des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) dazu berechtigt sein.

Ein Forschungsvorhaben untersucht deshalb im Vorfeld die Auswirkungen der ab 1. Januar 2023 vorgesehenen Definition des leistungsberechtigten Personenkreises. Diese sieht vor, dass Personen Leistungen erhalten, wenn in mindestens 5 von 9 Lebensbereichen die Ausführung von Aktivitäten nicht ohne personelle oder technische Unterstützung möglich ist („5 aus 9-Regelung“) oder die Ausführung von Aktivitäten auch mit personaler oder technische Unterstützung in mindestens 3 dieser Lebensbereiche nicht möglich ist („3 aus 9-Regelung“). Nun hat die Forschergruppe einen Zwischenbericht veröffentlicht. Dieser stellt jedoch fest, dass mit der vorgesehenen Neudefinition Personengruppen aus dem Leistungsbezug rausfallen würden. Vom Ausschluss wären insbesondere Menschen mit seelischer Behinderung oder Suchterkrankung, Menschen mit einem Grad der Behinderung unter 50, Beschäftigte auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und Empfänger von Hochschulhilfen betroffen. Im Ergebnis zeigt sich, dass bei Anwendung verschiedener Berechnungsvarianten eine Restgruppe bleibt, die unterschiedlich groß ausfällt, aber nicht gänzlich aufgelöst werden kann. Auch bei dem Versuch, eine Zuordnung mit einem weniger quantifizierenden Verfahren („Einschränkung in mindestens einem von fünf Teilbereichen“, Variante 5) vorzunehmen, bleibt eine Restgruppe, die bei dessen Anwendung wahrscheinlich aus dem leistungsberechtigten Personenkreis herausfallen würde.  Das Kriterium, dass der leistungsberechtigte Personenkreis durch das neue Verfahren unverändert bleiben soll, wird den bisher durchgeführten Analysen zufolge mit einer quantifizierenden Neudefinition nicht erfüllt.

Der gesamte Text des “Zwischenbericht zu den rechtlichen Wirkungen im Fall der Umsetzung von Artikel 25a § 99 des Bundesteilhabegesetzes (ab 2023) auf den leistungsberechtigten Personenkreis der Eingliederungshilfe” kann im Dokumentations – und Informationssystem des Deutschen Bundestages unter diesem Link nachgelesen werden.

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