Rampen für Köln – ein schwieriges Unterfangen
Veröffentlicht am Dienstag, 23. Mai 2017 von Ottmar Miles-Paul
Jeanette Severin ©-Bild Jeanette Severin
Köln (kobinet) Angelehnt an die Forderung der Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen Verena Bentele, auch die Privatwirtschaft dazu zu verpflichten, einen barrierefreien Zugang zu Produkten und Dienstleistungen zu schaffen, damit alle Menschen teilhaben können, berichtet Jeanette Severinaus Köln über ihre Arbeit als Inklusionsbotschafterin zum Abbau von Barrieren.
Bericht von Jeanette Severin
Ich fing Ende 2106 mit einer ersten Begehung an, einen Teil der Geschäfte und Lokale auf der Neusser Straße (etwa 500 Meter) in Köln-Nippes auf Zugänglichkeit zu überprüfen, indem ich in 36 Geschäfte und Lokale ging und eine Bestandsaufnahme durchführte. Immerhin konnten die Hälfte aller Geschäfte und Lokale eine Rampe oder einen barrierefreien Zugang vorweisen. Doch auch hierbei gab es einen Wermutstropfen. Wenn es eine Rampe gab, wurde dies nicht, z.B durch einen Aufkleber an der Scheibe, erkennbar gemacht. Hier besteht noch dringender Handlungsbedarf. Doch ich möchte in diesem Bericht hauptsächlich auf das Fehlen von Rampen eingehen.
Bevor ich meine zweite Begehung startete, bat ich die Sozialhelden aus Berlin um Mithilfe. Sie schickten mir daraufhin Flyer mit der Produktbeschreibung der Wheelramp, einer ausklappbaren Rampe, die überall verstaut und bei Bedarf heraus geholt und angebracht werden kann. Solch eine Rampe kostet um die 180 Euro. „Bewaffnet“ mit den Flyern ging ich also ein zweites mal los. Ich suchte natürlich die Lokalitäten auf, die nicht barrierefrei sind. Schon beim Eintritt kam ich mir vor wie eine Vertreterin und eine Bittstellerin. Ich fragte erst einmal den/die erste Mitarbeiter_in, die ich sah, ob schon mal darüber nachgedacht wurde, eine Rampe anzuschaffen. Was darauf folgte, war eine ganze Reihe von Argumenten, warum ein Zugang für Rollstuhlfahrer, Rollatoren, Frauen mit Kinderwagen etc. „kein Problem“ wäre. Hier wurden wirklich kreative Aussagen getätigt. Ein Auszug aus Zitaten: „die haben wir immer alle noch so rein gekriegt (ja auch elektrische Rollstühle)“, „wir kennen unsere Stammkunden, das sind keine Rollstuhlfahrer“, „ich kann dazu nichts sagen, ich bin hier nicht verantwortlich“ oder einfach: „sowas brauchen und wollen wir nicht“. Einige der InhaberInnen nahmen Flyer und wollten sich wohl auch über die Rampe informieren, aber ich vermute das waren nur leere Versprechungen, denn als ich einige Wochen später zum dritten Mal die Neusser Straße aufsuchte, hatte sich nichts getan. Bei meiner dritten Begehung nahm ich eine Freundin mit, die einen elektrischen Rollstuhl nutzt. Leider konnten wir aufgrund des Zeitmangels noch nicht so viele Geschäfte und Lokale besuchen, aber der Tonus war gleich ein anderer. Ich hielt mich absichtlich im Hintergrund auf. Meine Freundin wurde freundlich begrüßt und der Flyer, den auch sie dabei hatte, wurde dankend entgegen genommen. Auch die Aussagen unterschieden sich zu denen, die ich vorher gehört hatte: „oh ja, das verstehen wir, ne mit dem Rollstuhl ist es schwierig“, „ja eine Rampe wäre hier doch ganz gut“. Ob etwas an der Situation geändert wird, ist trotzdem fraglich. Diese „Bettelei“ um Rampen ist sehr zeitaufwändig und kräftezehrend. Und die Ergebnisse: minimal!
Ich habe die Befürchtung, dass es ohne Verpflichtung der Privatwirtschaft, Barrierefreiheit herzustellen, sehr lange keine großen Veränderungen geben wird. Dabei ist es in anderen Ländern, wie z.B den USA, wo ich kürzlich war, eine Selbstverständlichkeit, jedem Bürger und jeder Bürgerin den Zugang zu Dienstleistungen und Produkten zu gewähren. Wir müssen das Ganze also politisch angehen und wenn sich dann etwas tut, bin ich auch sehr gerne bereit, nochmal meine Runde zu gehen und die Lokalitäten zu überprüfen.