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Behinderte schikaniert – “Team Wallraff” erhebt schwere Vorwürfe gegen Lebenshilfe

"Team Wallraff" erhebt schwere Vorwürfe gegen Lebenshilfe

Team Wallraff Fotos: RTL-Reporter erheben Vorwürfe gegen Lebenshilfe

Team Wallraff Fotos: RTL-Reporter erheben Vorwürfe gegen LebenshilfeFOTO: RTL

Köln/Leverkusen. Enthüllungsjournalist Günter Wallraff und sein Team erheben schwere Vorwürfe gegen mehrere Einrichtungen der Lebenshilfe. Die RTL-Sendung "Team Wallraff" zeigt, wie Menschen mit Behinderung schikaniert und gedemütigt werden. Gefilmt wurde unter anderem in Leverkusen.

Für die am Montagabend ausgestrahlte Reportage hatte die RTL-Reporterin Caro Lobig sich undercover als Praktikantin in Werkstätten und Wohnheimen der Lebenshilfe eingeschleust, unter anderem in Leverkusen und Düren. Vorangegangen waren der rund einjährigen Recherche Hinweise und Zuschriften, die Missstände in den Behinderteneinrichtungen anprangerten, teilte RTL mit.

Die Aufnahmen, die mit versteckter Kamera gedreht wurden, zeigen Betreuer, die die teils schwer behinderten Menschen herablassend behandeln. Die Menschen werden gedemütigt, herumkommandiert und verspottet. So darf zum Beispiel in einer Einrichtung in Speyer ein Mann im Rollstuhl nicht mit den anderen Kuchen essen, weil er sich eingenässt hat.

Schlimme Zustände in Leverkusener Werkstatt

Gefilmt wurde auch in einer Einrichtung in Leverkusen, einer Werkstatt der Lebenshilfe im Stadtteil Bürrig. Im Mittelpunkt der RTL-Aufnahmen steht eine schwer geistig und körperlich behinderte junge Frau namens Lisa, die in der Einrichtung arbeitet. Sie kann laut der Reporterin ihren Speichelfluss nicht kontrollieren, deswegen trägt sie ein Tuch um den Hals. In einer Szene ist zu sehen, wie das Tuch verrutscht. Die junge Frau tritt an den Gruppenleiter heran, der der Frau mit dem Tuch die Augen verbindet.

In dieser Werkstatt der Lebenshilfe Leverkusen arbeitet Lisa.FOTO: Uwe Miserius

Lisa hat motorische Defizite und kann nicht richtig laufen. In einer Szene ist zu sehen, wie sie über den Fuß eines Betreuers stolpert und hinfällt. Statt der Frau aufzuhelfen, machen die Mitarbeiter Witze. "Es ist ja nicht so, als hättest du gesehen, dass da jemand steht", sagt der Mitarbeiter. "Siehe unten", sagt ein anderer Mann. In einer anderen Szene ruft ein Betreuer Lisa spöttisch mit heller Stimme: "Komm mal her! Ja komm mal her!" Beim Mittagessen isst Lisa Joghurt. Einiges davon landet im Gesicht. Zwei Mitarbeiter vergleichen dies offenbar mit Sperma. "Mhm, lasziv", sagt ein Mitarbeiter.  

Lebenshilfe stellt Strafantrag

Die Lebenshilfe Leverkusen will sich am Mittag in einem Pressegespräch zu den Aufnahmen äußern. In der Einladung dazu heißt es: "Das gezeigte Verhalten hat uns in höchstem Maße betroffen gemacht." Die gefilmten Situationen stünden nicht mit dem Verständnis der Einrichtung einer respektvollen Arbeit mit Menschen mit Behinderung in Einklang. 

Die Lebenshilfe wurde eigenen Angaben zufolge Mitte Januar 2017 von RTL in einem Schreiben über die 2015 gefilmten Szenen informiert. Dazu teilt die Lebenshilfe mit: "Aus den im Januar 2017 vorgelegten Vorhaltungen gingen weder Ort, Zeitpunkt noch beteiligte Personen hervor, so dass sich die dringend gebotene Sachverhaltsaufklärung nicht unmittelbar realisieren ließ. Eine zweimalige dringende Bitte, nähere Angaben zu den geschilderten Vorgängen, vor allem zu den handelnden Personen zu machen, blieb unbeantwortet."

Die Lebenshilfe hat wegen des Anfangsverdachts nach eigenen Angaben Ende Januar Anzeige gegen Unbekannt bei der Staatsanwaltschaft Köln erstattet und Strafantrag gestellt. Das Unternehmen kündigt an, die Vorgänge umfassend aufzuklären und auf das Fehlverhalten mit arbeits- und gegebenenfalls strafrechtlichen Maßnahmen zu reagieren. "Wir bedauern, dass über ein Jahr vergangen ist, bevor wir über das Anschreiben vom 18. Januar 2017 über die groben Verhaltensverfehlungen erfahren haben." 

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(sef/oko)

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